Nachholbedarf bei Windpocken
Deutlicher Anstieg der Windpocken-Erkrankungen im Jahr 2016
Die aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts zeigen einen alarmierenden Anstieg der Erkrankungen im letzten Jahr: In 2016 wurden 25.122 Windpocken-Fälle gemeldet, im Vergleich zu 22.698 im Jahr 2015. Dies sind enorme Erkrankungszahlen, verglichen mit anderen meldepflichtigen Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps oder Röteln. 2016 war die Zahl der Erkrankungsfälle so hoch wie noch nie seit Einführung der Meldepflicht für Windpocken im Jahr 2013. Ursache für den erneuten Anstieg der Erkrankungsfälle ist die im Vergleich zur Masern-Mumps-Röteln-Impfung geringere Impfquote gegen Windpocken. Die drei Bundesländer mit den höchsten Windpocken-Impfquoten 2014 – Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt – verzeichneten 2015 die wenigsten Krankheitsfälle. Im Vergleich dazu liegen die Erkrankungen in den Bundesländern mit den niedrigsten Impfquoten – Sachsen, Bremen und Bayern – deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zudem fällt auf, dass verstärkt Kleinkinder im ersten Lebensjahr erkranken. Vor allem in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Ausbrüchen.
Risiken werden unterschätzt
Windpocken verlaufen keineswegs immer unproblematisch. In den Jahren 2008 bis 2010 mussten beispielsweise jeweils rund 1.000 Kinder und Jugendliche aufgrund von Komplikationen stationär behandelt werden. Vielen Eltern sind aber mögliche Risiken, wie bakterielle Superinfektionen und Lungenentzündungen oder neurologische Komplikationen nicht bewusst und sie nehmen die Ansteckung ihrer Kinder in Kauf. Der einzig wirksame Schutz vor Windpocken und schweren Krankheitsverläufen kann nur durch eine zeitgerechte und vollständige Impfung mit zwei Impfdosen erreicht werden.
Virus meist durch Tröpfcheninfektion übertragen
Windpocken werden durch Viren ausgelöst, die sich hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion beim Niesen, Husten und Sprechen übertragen. Bereits zwei Tage vor Auftreten des typischen Hautausschlags kann der Infizierte die Erreger unbewusst weitergeben. In der Regel reicht die ansteckungsfähige Zeit bis etwa fünf Tage nach dem Auftreten der letzten Bläschen. Besonders ansteckend ist die Flüssigkeit in den Blasen. Durch Aufkratzen der Pusteln gelangen die Viren wiederum über die Hände auf die Schleimhäute von Mund und Nase. Außerhalb des Körpers können die Erreger einige Tage ansteckend bleiben, zum Beispiel an Türgriffen, Handläufen oder Wasserhähnen.
Was bei einer Impfung im Körper passiert
Während einer Infektion bildet das Immunsystem spezifische Antikörper, um einen Erreger abzuwehren. Bei einer Windpockenimpfung wird die natürliche Infektion mithilfe hochgereinigter, abgeschwächter Erreger imitiert. Die Impfung ist dadurch ein Training für das Immunsystem. Dabei merken sich sogenannte Gedächtniszellen die Strukturen der Erreger und erkennen sie bei erneutem Kontakt wieder. Das Immunsystem kann bei einer tatsächlichen Infektion unmittelbar reagieren und die Erreger sofort abwehren.
Zweite Impfdosis gewährleistet umfassenden Schutz
Seit 2009 empfiehlt die STIKO die Varizellenimpfung mit zwei Impfdosen. Wie eine Studie zeigt, können mit dieser zweiten Dosis nahezu alle Erkrankungsfälle und schweren Verläufe vermieden werden. Die Schutzrate beträgt nach der zweiten Impfung nahezu 100 Prozent. Fazit: Die zweimalige Impfung gegen Varizellen bietet den größtmöglichen Infektionsschutz!
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